Die 21-jährige Isabell Hantow leidet an Epilepsie. Aufgrund ihrer Erkrankung und einer dadurch bedingten Lernbehinderung besuchte sie eine Förderschule. Eine betriebliche Berufsausbildung wäre für die junge Frau nicht zu bewältigen gewesen. So absolvierte sie nach dem Abschluss der zehnten Klasse zunächst eine elfmonatige Berufsvorbereitung im Berufsbildungswerk, um verschiedene Bereiche kennenzulernen.
Aufgrund ihrer Einschränkungen war sie den wechselnden Aufgaben jedoch oft nicht gewachsen und stieß hin und wieder an ihre Grenzen. Genau auf diese individuellen Beeinträchtigungen und persönlichen Bedürfnisse und Grenzen nehmen die Ausbilder und Sozialpädagogen im SRH Berufsbildungswerk Cottbus Rücksicht. „Wir orientieren uns daran, was die jungen Leute leisten können und passen Anforderungen daran an. Zusätzlich können wir bei Bedarf psychologische Unterstützung geben, stellen behindertengerechte Ausbildungsräume zur Verfügung und ermöglichen, dass sich die jungen Leute in vielen Berufsfeldern ausprobieren können“, so Petra Müller, Teamleiterin im Berufsbildungswerk Cottbus.
Für Isabell Hantow war der theoriereduzierte Beruf „Fachpraktikerin im Lagerbereich“ das Richtige. Zwei Jahre lang eignete sie sich Abläufe und Tätigkeiten im Lager an und absolvierte insgesamt acht Praktika in verschiedenen Handelsunternehmen.
Von der Förderschule zur Jahrgangsbesten
Rückschläge gab es vor allem während der theoretischen Ausbildung in der Berufsschule. „Isabell Hantow ist eine Kämpferin, sie wollte die Ausbildung unbedingt schaffen“, sagt ihre Ausbilderin Marlis Winzer, die immer an ihren Schützling glaubte und sie beim Verstehen der theoretischen Aufgaben unterstützte. Mit Erfolg! Isabell Hantow schloss ihre staatlich anerkannte Ausbildung im Herbst 2017 als Jahrgangsbeste im Bereich der Industrie- und Handelskammer Cottbus ab.
„Schon vor meinem Abschluss habe ich mich um einen Arbeitsplatz im Lager der Vetschauer Wurstwaren GmbH beworben“, erzählt Isabell Hantow. „Als ich meinen Abschuss in der Tasche hatte, durfte ich ein Praktikum machen.“ Anschließend unterschrieb sie ihren ersten Arbeitsvertrag. Mittlerweile ist er unbefristet.
Die Vetschauer Wurstwaren GmbH ist ein Unternehmen mit 130 Mitarbeitern. „Isabell Hantow hat viel praktisches Können mitgebracht. Das war eine sehr gute Basis“, sagt ihr Chef Wilfried Tributh. Er hatte nicht gezögert, der jungen Frau eine Chance zu geben. „Wir sind immer auf der Suche nach gut ausgebildeten und zuverlässigen Mitarbeitern. Die Beeinträchtigungen haben für uns zu keinem Zeitpunkt eine Rolle gespielt.“
Isabell Hantow bereitet ihre Arbeit große Freude. Sie stellt die Fleisch- und Wurstbestellungen der Kunden zusammen, etikettiert und verpackt sie. Eine Aufgabe, die Sorgfalt erfordert, aber auch routinierte, gleichbleibende Abläufe beinhaltet. Für sie sei es der perfekte Job, sagt Isabell Hantow.
Ausbildungsstart 2019/2020
Das SRH Berufsbildungswerk Cottbus ermöglicht jungen Menschen mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen berufsvorbereitende Maßnahmen in verschiedenen Berufsfeldern sowie eine berufliche Erstausbildung in den Berufen Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement und Fachpraktiker/-in im Lagerbereich. Zum Start des Lehrjahrs 2019/2020 haben 24 Teilnehmer eine Berufsvorbereitung und sechs Azubis ihre Ausbildung hier begonnen. Beides können die Jugendlichen zusätzlich mit einem Training im Olympiastützpunkt Cottbus bei Trainern des Behindertensport-Verbandes kombinieren.
Seit der Eröffnung des SRH Berufsbildungswerks Cottbus 2007 nutzten rund 400 junge Leute die Angebote hier.